Verbale und nonverbale Kommunikation in Politik und Medien

Shownotes

Ein gewisses Maß an Vertrauen in Medien und Politik bildet die Basis einer Gesellschaft. Mit Narrativen wie „wir gegen die anderen“ schaffen es Populismus und Extremismus immer öfter, Misstrauen zwischen Menschen zu säen. Wie beeinflusst diese Entwicklung aktuell die Demokratie und das Gemeinwesen? Diesen und andern Fragen geht die Professorin Nayla Fawzi in ihrer Forschung und im Gespräch mit Lawrence Meinig nach.

Musik: • Clean Logo von Sugar Beats (premiumbeat.com) • Glide - Modern Electric Logo von MVM Productions (premiumbeat.com) • Just Cruisin' von Sky Toes (premiumbeat.com)

Moderator: Lawrence Meinig

Mehr zum Thema unter folgenden Links: Forschungspofil der Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Professor Marcus Maurer] (https://polkom.ifp.uni-mainz.de/marcus-maurer/)) Forschungspodcast

Transkript anzeigen

00:00:07: Menschen kommunizieren ständig und überall miteinander.

00:00:11: Ob wir sprechen oder nicht, unser Gegenüber empfängt unablässig Signale, die auf verschiedene Art interpretiert werden können.

00:00:18: Eine besonders große Rolle spielt Kommunikation in der Politik und in den Medien.

00:00:23: Aber welche verbalen und nonverbalen Signale werden hier gesendet und helfen bestimmte Techniken wirklich weiter?

00:00:32: Minds of Mainz – Der Gutenberg Talk. Ein Forschungspodcast der Johannes Gutenberg- Universität Mainz

00:00:41: Herzlich willkommen zum Forschungspodcast der JGU.

00:00:44: Mein Name ist Lawrence Meinig und ich freue mich, Sie durch das Format zu führen.

00:00:48: In dieser Podcastreihe öffne ich Ihnen das Tour zur Welt der Wissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

00:00:54: Ich nehme Sie mit auf eine Entdeckungsreise zu den unterschiedlichsten Disziplinen und deren wissenschaftlichen Themen und Fragestellungen.

00:01:02: Gemeinsam lernen wir die Forschenden an der Universität kennen.

00:01:05: Wer sind sie und welche Erkenntnisse gewinnen sie?

00:01:10: Verschränke deine Arme nicht vor der Brust.

00:01:12: Das signalisiert eine Abwehrhaltung.

00:01:14: Schaue Menschen immer in die Augen, wenn du mit ihnen redest.

00:01:18: Das sind Tipps, die jede und jeder von uns schon mal gehört hat.

00:01:22: Bei solchen Erklärungen liegt der Verdacht nahe, dass in Branchen wie Politik und Medien besonders stark auf solche Kommunikation geachtet wird.

00:01:30: Denn hier sollte ja auch jeder Satz und jede Nachricht den gewünschten Zweck erfüllen.

00:01:35: In dieser Folge will ich herausfinden, ob das stimmt.

00:01:38: Ich möchte erfahren, welche belegbaren Erkenntnisse es zu verbaler und nonverbaler Kommunikation in Politik und Medien gibt und wie solche Forschung eigentlich funktioniert.

00:01:49: Dafür spreche ich mit Prof.

00:01:50: Marcus Maurer.

00:01:52: Er ist Professor für Kommunikationswissenschaft mit dem Schwerpunkt Politische Kommunikation am Institut für Publizistik der JGU.

00:02:00: Seit über 20 Jahren ist er in den Kommunikationswissenschaften tätig.

00:02:04: Seine Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem in der Medienwirkungsforschung, der nonverbalen Kommunikation und in empirischen Methoden.

00:02:15: Hallo Professor Maurer, schön, dass Sie dabei sind.

00:02:17: Ja, hallo Grüß Sie, vielen Dank für die Einladung.

00:02:19: Auf Ihrer persönlichen Website des Publizistikinstituts sind neben Ihren Publikationen auch Vorträge vermerkt.

00:02:27: Und das ist an sich nichts Ungewöhnliches, aber bei Ihnen waren es doch extrem viele Vorträge, sowohl auf wissenschaftlichen Tagungen als auch bei Vorträgen außerhalb der

00:02:36: Wissenschaft, zu denen Sie dann eingeladen wurden.

00:02:39: Und wenn ich richtig gezählt habe, waren das jetzt schon über 100 Stück und mich würde interessieren, wer lädt Sie einerseits zu diesen Vorträgen ein und

00:02:48: was wollen diese Leute dann von Ihnen wissen?

00:02:50: Ich versuche halt in der Wissenschaft, mich immer ab und zu mal auch mit Fragen zu beschäftigen, die irgendwie nicht nur für die Wissenschaft interessant sind, sondern

00:02:57: Fragen, die irgendwie in der gesellschaftlichen Diskussion gerade aktuell sind, also die Menschen interessieren.

00:03:02: Eine Studie zum Beispiel, die wir letztes Jahr gemacht haben, dreht sich um die Frage, ob der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk in seinen Nachrichtenangeboten ausgewogener und

00:03:09: vielfältiger berichtet, als das private Medien zum Beispiel tun.

00:03:12: Und das ist ja eine Frage,

00:03:13: da geht es die Zukunft und die Berechtigung des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks.

00:03:16: Das interessiert viele Menschen.

00:03:18: Dann wird man zu solchen Fragen eingeladen.

00:03:21: Dann diskutiert man beispielsweise mit Menschen aus der Politik oder mit Menschen aus dem Journalismus darüber.

00:03:26: Oder mit irgendwelchen Bürgern, die sich interessieren und zu solchen Veranstaltungen kommen.

00:03:31: Das ist eine Sache.

00:03:32: Eine andere Frage, die wir zum Beispiel versucht haben zu beantworten vor einiger Zeit, ist die Frage, wie die Medien eigentlich über die Corona-Pandemie berichtet haben.

00:03:39: Ob das richtig war, ob das ausgewogen war, das qualitativ hochwertig war, so wie es sein sollte.

00:03:44: Und da jetzt ja nach fünf Jahren Corona-Pandemie wieder so eine Art Jubiläum ist, haben wir auch dazu ganz viel Einladung bekommen.

00:03:50: Irgendwie darüber zu sprechen mit Journalistinnen und Journalisten, ob sie da alles richtig gemacht haben, was man daraus lernen kann und solche Dinge.

00:03:56: Und es ist mir schon wichtig, quasi nicht nur im Elfenbeinturm rumzusitzen, so wichtig das auch ist, dass man international publiziert in irgendwelchen Journals, aber manchmal muss

00:04:05: man, glaube ich, auch an die Öffentlichkeit gehen und muss versuchen, Fragen zu beantworten, die die Menschen tatsächlich interessieren.

00:04:11: Das ist ja auch eine total schöne Nachricht, wenn man hört, dass da tatsächlich ein Austausch stattfindet zwischen verschiedenen, in Anführungszeichen, Institutionen unserer

00:04:20: Gesellschaft, dass da tatsächlich der Kontakt da ist.

00:04:22: Ja, muss so sein.

00:04:23: Ich glaube, wir haben schon als Wissenschaftler auch eine Verantwortung, ein bisschen die Erkenntnisse, die irgendwie die Öffentlichkeit interessieren und die vielleicht auch für politische

00:04:30: Entscheidungsfindungen wichtig sein können, an die Öffentlichkeit zu tragen.

00:04:33: Denn so sehr wir das auch publizieren in irgendwelchen Fachzeitschriften, die werden natürlich von niemandem gelesen, außer von uns Wissenschaftlern selbst.

00:04:40: Und ja, dann kommt das halt nicht dort an, wo es vielleicht ankommen soll.

00:04:43: Und das ist mir schon wichtig, zunehmend auch wichtiger, je älter man wird und je weniger man jetzt noch um irgendwelche Professuren kämpfen muss.

00:04:51: Denn dafür ist es natürlich nach wie vor wichtig, viel zu publizieren.

00:04:54: Aber je weniger man das tun muss, desto mehr kann man sich, glaube ich, auch auf andere Dinge mal konzentrieren, die auch wichtig sind.

00:04:59: Das klingt nach einem hervorragenden Ausgleich auch.

00:05:03: Als nächstes widmen wir uns dem zentralen Thema dieser Folge der verbalen und nonverbalen Kommunikation in Politik und Medien.

00:05:13: Neben den schon erwähnten Vorträgen haben Sie auch viele wissenschaftliche Abhandlungen veröffentlicht.

00:05:17: Sie haben es ja gerade schon selber erwähnt.

00:05:20: Unter anderem haben Sie auch ein Grundlagenbuch für nonverbale politische Bildung geschrieben.

00:05:25: Was hat Sie dazu gebracht ein Lehrbuch zu schreiben?

00:05:28: Das war mein erster Gedanke.

00:05:30: Und dachten Sie sich etwa, da gibt es eine Lücke, die man füllen müsste?

00:05:34: Ja, es gibt eine kurze und eine lange Antwort auf die Frage.

00:05:36: Die kurze Antwort ist, es hat mich einfach jemand gefragt, ob ich dieses Lehrbuch schreiben will.

00:05:40: Die lange Antwort ist aber natürlich die Frage, warum man sich überhaupt mit so einem Thema beschäftigt?

00:05:44: Da muss ich bisschen ausholen.

00:05:46: Ich habe mich vor vielen, vielen Jahren, 2002, als es damals die ersten Fernsehduelle gab, im Bundestagswahlkampf, Schröder gegen Stäuber, mit einem Kollegen mit der Frage beschäftigt,

00:05:55: mit welchen Argumenten man eigentlich Menschen dazu bekommt, einen zu wählen oder gut zu finden in so einem Fernsehduell.

00:06:00: Da haben wir einen ganz

00:06:02: kompliziertes und neuartiges System entwickelt, um das zu messen.

00:06:06: Im Zusammenhang damit sind wir irgendwann auf die Idee gekommen, ja aber wie ist es denn jetzt, haben wir nur Argumente untersucht und vielleicht sind Argumente ja gar nicht so

00:06:12: furchtbar entscheidend.

00:06:14: Vielleicht kommt sie auf andere Dinge an und in diesem Zusammenhang sind wir auf eine Formel gestoßen, die vielleicht der eine oder andere kennt, weil sie in Rhetorikkursen

00:06:22: auch gerne gelehrt wird, das ist die 55-38-7 Prozent Formel und die soll verkürzt sagen, dass nur 7 Prozent

00:06:30: der Wirkung von Kommunikation auf verbaler Kommunikation basieren und die anderen 93 % auf nonverbaler Kommunikation.

00:06:37: Wenn man sich das anguckt, wird eigentlich relativ schnell klar, das kann nicht stimmen.

00:06:40: Das ist ziemlich sicher Unfug.

00:06:42: Das macht überhaupt keinen Sinn.

00:06:44: Und dann haben wir uns überlegt, aber wie ist es denn wirklich?

00:06:47: Dann wollen wir das doch auch mal prüfen.

00:06:48: Und dann haben wir tatsächlich im nächsten Fernseh-Duell, Schröder gegen Merkel, 2005,

00:06:54: dieses ganze Instrumentarium ergänzt durch eine Analyse nonverbaler Kommunikation.

00:06:58: Also wir haben für jede Sekunde in diesem Duell nicht nur gemessen, was da gesagt wurde, sondern auch die nonverbale Kommunikation gemessen und haben auch in jeder Sekunde

00:07:05: gemessen, wie das Publikum auf das, was es da sieht oder hört, reagiert.

00:07:10: Und das war dann schon sehr spannend.

00:07:11: Das haben wir auch sehr gut publiziert in einem sehr guten Journal und dann hat mich das Thema so ein bisschen nicht mehr losgelassen für ein paar Jahre und ich wollte weiter wissen.

00:07:20: Wenn ich da kurz einhaken dürfte.

00:07:22: Also Sie haben jetzt gerade gesagt, Sie haben diese nonverbale Kommunikation analysiert, aber was haben Sie da analysiert?

00:07:29: Also alle unterschiedlichen Aspekte, die man überhaupt nur haben kann.

00:07:31: Es gibt so Dinge wie Lächeln, so Dinge, wo guckt jemand hin.

00:07:36: Es gibt die Idee, dass man, um Menschen zu überzeugen, direkt praktisch ins Gesicht gucken muss, was in so einem Fernsehduell aber sehr schwierig ist, weil dann redet man ja

00:07:44: eigentlich mit dem, der die Frage gestellt hat, oder man guckt eigentlich denjenigen an, mit dem man da debattiert.

00:07:49: Also die Blickrichtung wäre so ein Aspekt.

00:07:51: Dann kann man sich mit Gestik beschäftigen.

00:07:52: Also gibt es überhaupt eine Gestik und wie sieht die aus?

00:07:55: So und das kann man vergleichen mit vielen verbalen Kommunikationsstrategien.

00:07:59: Also über wen spricht man, über welches Thema spricht man, spricht man positiv oder negativ, welche rhetorischen Stilmittel verwendet man.

00:08:06: Und dann gibt es eben einen weiteren Aspekt von nonverbaler Kommunikation, die man ganz gerne mal vergisst.

00:08:10: Das ist die vokale Kommunikation, also Sprechgeschwindigkeit, Lautstärke und solche Dinge.

00:08:16: Und das haben wir halt alles kontinuierlich gemessen während dieser Debatte und haben dann die Wirkungen verglichen.

00:08:22: Nicht weil wir geglaubt haben, dass wir jetzt so eine neue Formel aufstellen können, weil es ja auch vollkommen klar ist, dass das von verschiedenen Randbedingungen abhängt.

00:08:28: Nichts auf der Welt ist immer gleich und kann mit einer immer gleichen Prozentformel angegeben werden.

00:08:33: Und dann haben wir aber trotzdem versucht, zumindest für dieses Duell, auf eine wesentlich komplexere Art, das mit dieser Formel gemacht wurde, eine praktisch neue Wirkungsverteilung zu

00:08:43: errechnen.

00:08:43: Und die sah natürlich völlig anders aus.

00:08:45: In Wirklichkeit ist es vor allen Dingen die verbale Kommunikation, zumindest in der Politik,

00:08:50: die Menschen dazu bringt, jemanden, der spricht, positiv zu bewerten oder negativ zu bewerten.

00:08:59: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold, sagt ein Sprichwort.

00:09:04: Nachdem was Professor Maurer erklärt hat, ist klar, Kommunikation ist ein komplexer Prozess.

00:09:10: Dabei lohnt sich auch ein Blick in die omnipräsente Alltagskommunikation fern von Politik und Medien.

00:09:17: Der Duisburger Psychologie-Professor Siegfried Frei ist aufgrund seiner Forschung zu dem Ergebnis gekommen, dass zwischenmenschlich tatsächlich viele nonverbale Aktionen

00:09:27: Kommunikation beeinflussen.

00:09:30: So hat beispielsweise die Kopfhaltung einen großen Einfluss darauf, wie wir einen Gesichtsausdruck interpretieren.

00:09:36: Aber auch Kleidung, Frisur oder Merkmale in der Stimme haben einen Einfluss darauf, welchen Eindruck Menschen erwecken.

00:09:45: Trotz dieser Erkenntnisse kann keine eindeutige Aussage getroffen werden, wie solche Signale vom Gegenüber interpretiert werden.

00:09:53: Abhängig ist das unter anderem auch von der kulturellen Prägung.

00:09:57: Ein metaphorisches Lexikon, das alle Formen nonverbaler Kommunikation erklärt, kann es also nicht geben.

00:10:05: Es gilt aber immer, in einem Gespräch wiegt das gesprochene Wort deutlich schwerer als andere Formen der Kommunikation.

00:10:14: So und dann lange Rede kurzer Sinn, dann war ich in diesem Thema irgendwie drin und dann habe ich ein paar weitere Studien zu dem Thema gemacht und dann

00:10:20: ist das ein Thema, zu dem tatsächlich relativ wenig Menschen forschen.

00:10:23: Also es ist ganz erstaunlich, wenn man auf der einen Seite diesen etwas seltsamen Glauben sieht, dass es auf nonverbale Kommunikation viel stärker ankommt als auf verbale

00:10:31: Kommunikation

00:10:32: und man andererseits sieht, dass sich 99 % der Forschung auf verbale Kommunikation beschränkt und nonverbale Kommunikation gar keine Rolle spielt.

00:10:39: Dann ist das für mich immer so ein Punkt, wo ich sage, okay, da muss ich jetzt was machen.

00:10:42: Das interessiert mich einfach.

00:10:44: Da gibt es eine Forschungslücke.

00:10:46: Hab dann ein paar Jahre mich mit dem Thema beschäftigt und wurde dann irgendwann gefragt, im Rahmen einer Lehrbuchreihe ein Lehrbuch über nonverbale Kommunikation in der Politik zu

00:10:54: schreiben, und hab das gerne gemacht.

00:10:56: Und dann war es das aber auch, ich, also dann habe ich das Thema für mich dann auch abgeschlossen, weil ich dachte so, jetzt muss ich mal wieder was Neues machen.

00:11:02: Da kommen ja gleich 1.000 Fragen.

00:11:04: Also gerade jetzt bei diesem Politikduell dann zwischen Schröder und Merkel kam dann für Sie raus, dass dann tatsächlich Argumente die größere Rolle gespielt haben?

00:11:13: Ja, Argumente, Themen, also man sieht, dass manche Kandidaten von manchen Themen halt stärker profitieren als von anderen und andere von anderen Themen stärker profitieren.

00:11:23: Kommunikationsstrategien, wie zum Beispiel Angriff, eine Angriffstrategie, die in der Regel dazu führt, dass das Publikum polarisiert wird.

00:11:31: Also wenn ich den Gegner angreife, dann gewinne ich damit eigentlich relativ wenig, sondern polarisiere eher.

00:11:37: Und es gibt eine Strategie, mit der ich eher

00:11:39: das gesamte Publikum hinter mich bringe, das nennen wir strategische Ambiguität.

00:11:42: Also man versucht, vage zu bleiben und nicht konkret zu sagen, was man genau möchte, damit man niemanden verärgert.

00:11:49: Dann gewinnt man irgendwie alle, so durch allgemeine Werte, die man anspricht:

00:11:53: Ich bin für Gerechtigkeit, ich bin für Frieden, ich bin, keine Ahnung, für Fairness.

00:11:59: Also es gibt schon, also Argumente ist vielleicht zu viel gesagt, aber verbale Kommunikation, unterschiedliche Aspekte verbaler Kommunikation haben einen wesentlich

00:12:05: stärkeren Einfluss

00:12:06: als unterschiedliche Aspekte nonverbaler Kommunikation - zum Glück.

00:12:10: Und das macht ja eigentlich auch viel mehr Sinn.

00:12:12: Also mir kann ja niemand erzählen, dass ich ernsthaft sagen kann, was ich will.

00:12:16: Wenn ich dabei lächle, dann wird sich das Lächeln durchsetzen.

00:12:19: Das ist ja offensichtlich verkehrt und von daher ist es auch gar nicht verständlich, warum diese Formel teilweise immer noch in irgendwelchen Rhetorikkursen gelehrt wird und man

00:12:29: daran glaubt anscheinend.

00:12:31: Spannend, tatsächlich haben Sie in einem Kapitel Ihres Buches ja auch verbale und nonverbale Kommunikationen verglichen.

00:12:39: Sie haben jetzt gerade schon so ein paar Aspekte davon angebracht, aber welche Ergebnisse haben Sie denn da präsentieren können?

00:12:47: Also in dem Lehrbuch beziehen wir uns ja auch nicht auf eigene Ergebnisse, sondern da geht es ja darum, den Forschungsstand irgendwie zusammenzufassen.

00:12:53: Und wir sehen natürlich besonders starke Effekte, habe es gerade schon gesagt, von sowas wie strategischer Ambiguität.

00:12:59: Das ist eine sehr erfolgreiche Strategie, wenn man ein großes Publikum hinter sich bringen will.

00:13:04: Wir sehen unter bestimmten Bedingungen Effekte von einer Angriffstrategie, also negativ über den Gegner zu sprechen, den Gegner zu kritisieren.

00:13:10: Das hilft dann, wenn man eben das eigene Publikum sozusagen mobilisieren möchte.

00:13:16: Also wenn es mir jetzt gar nicht darum geht, alle anzusprechen in so einem Fernsehduell, sondern wenn ich meinetwegen in Sozialen Medien oder auf dem Marktplatz eine Rede halte

00:13:23: und dann weiß ich, da ist vor allen Dingen mein eigenes Publikum, dann ist es eine sehr erfolgreiche Strategie, wenn man den Gegner angreift, denn die Anhänger des Gegners sind

00:13:31: ja gerade gar nicht da.

00:13:32: Die können ja gar nicht negativ darauf reagieren.

00:13:35: Bestimmte Themen, habe ich schon gesagt, haben positive Effekte.

00:13:38: Man muss über Themen sprechen, die einem selbst nützen, also Themen, für die man selbst als kompetent wahrgenommen wird.

00:13:43: Beispielsweise die Grünen sprechen halt sinnvollerweise über Umweltthemen.

00:13:47: Das nützt ihnen mehr, als wenn sie über Wirtschaftsthemen sprechen, und die CDU meinet wegen spricht besser über innere Sicherheit oder so etwas, weil das etwas ist, wo sie als

00:13:55: kompetent gilt.

00:13:56: Das hat einen ziemlich starken Effekt.

00:13:58: Und wir haben ganz erstaunliche Effekte, was auch Stimmfrequenz und so etwas betrifft, die aber natürlich sehr personengebunden sind in dem Fall.

00:14:04: Wir können das

00:14:06: nicht alles verallgemeinern.

00:14:07: Angela Merkel zum Beispiel hat für eine Frau eine relativ tiefe Stimme und sie hat in diesem Fernsehduell immer dann das Publikum überzeugt, wenn sie etwas höher, also

00:14:15: praktisch weiblicher gesprochen hat.

00:14:17: Das ist ein Befund, den kann man aber jetzt nicht generalisieren.

00:14:20: Man kann jetzt nicht sagen, alle Frauen müssen höher sprechen oder gar alle Männer.

00:14:24: Also das ist etwas, was sehr stark zu tun hat halt mit den Bedingungen in diesem Duell und mit den Personen selbst.

00:14:30: Also man muss immer aufpassen, was kann man generalisieren

00:14:33: über einzelne Personen, über einzelne Duelle, auch vielleicht über einzelne Länder hinaus und was sind so spezifische Effekte, die man halt sehr vorsichtig interpretieren muss.

00:14:42: Ich will auch damit übrigens, und das ist mir auch nochmal ganz wichtig, sagen oder nicht sagen, dass nonverbale Kommunikation in der Politik irrelevant ist.

00:14:50: Das soll überhaupt da nicht gesagt sein.

00:14:51: Aber sie ist weniger relevant als verbale Kommunikation und auch ein ganzes Stück weniger relevant als verbale Kommunikation.

00:14:59: Und ich persönlich kann sagen, ich

00:15:01: bin darüber auch sehr froh, denn es ist sehr schön, wenn Menschen dann doch noch auf Argumente oder zumindest auf Positionen oder sowas reagieren und nicht einfach nur auf das

00:15:09: Aussehen oder ob jemand jetzt mit den Armen wedelt oder nicht.

00:15:12: Absolut.

00:15:13: Völlig, Dann ist das der beste Grund für uns, zu Inhalten zu gehen und weniger zu den nonverbalen Inhalten.

00:15:23: Ein zentrales Thema während des Wahlkampfes dieses Jahr 2025 zur Bundestagswahl war Migration.

00:15:32: Gleichzeitig gab es damals aber auch Diskussionen dazu, dass Migration eigentlich eine kleinere Rolle hätte spielen sollen.

00:15:38: Wie haben Sie dieses Thema damals verfolgt? Von

00:15:42: wo ging diese Entwicklung aus, können Sie das sagen?

00:15:45: Ja, schwer zu sagen.

00:15:46: Also Politik funktioniert natürlich oft in so Wellen.

00:15:49: Dann fängt irgendein Thema an, sozusagen seinen Lauf zu nehmen, und dann kommt man da irgendwie gar nicht mehr raus und es ist schwer, ein neues Thema zu setzen.

00:15:55: Also das hat natürlich viel zu tun mit dem Erfolg der AfD, würde ich sagen.

00:16:00: Der Erfolg der AfD basiert darauf, dass sie eigentlich so die einzige Partei ist, die sich deutlich gegen Migration ausspricht oder gegen mehr Migration ausspricht.

00:16:10: Wenn man sich die Bevölkerungsmanu anguckt, ist es schon so, dass ein sehr großer Teil der Bevölkerung

00:16:15: sich ebenfalls nicht unbedingt für mehr Migration ausspricht.

00:16:19: Das erklärt so bisschen den Erfolg der AfD.

00:16:22: Und nun haben wir alle, glaube ich, Gefühl, wir müssen irgendetwas tun gegen diesen Erfolg der AfD.

00:16:28: Vor der Bundestagswahl hat man gesehen, dass die AfD immer weiter angestiegen ist in den Umfragen, bis zuletzt auf weit über 20 Prozent.

00:16:37: Dann ist eine Möglichkeit halt zu versuchen, die Wähler, die bei der AfD aufgrund des Migrationsthemas gelandet sind, wieder zurückzuholen.

00:16:44: Wenn man das ernsthaft will, man das eigentlich nicht anders machen, als wenn man sich dieses Thema auch annimmt und sagt, wir können natürlich auf gar keinen Fall im großen

00:16:53: Stil Migration rückgängig machen, aber vielleicht müssen wir ein bisschen den Leuten entgegenkommen, die eben nicht noch weiter verstärkte Migration möchten.

00:17:01: Ja, und dann, glaube ich, kam die Idee auf, Thema in den Wahlkampf zu nehmen, und damit, also wirklich, das möchte ich schon unterstellen, glaube ich,

00:17:10: zu verhindern, dass die AfD in diesem Wahlkampf noch mehr Stimmen bekommt, als sie schon bekommen hat.

00:17:16: Da ist nicht alles gut gelaufen, glaube ich.

00:17:17: Da hat es die CDU vielleicht auch bisschen übertrieben teilweise.

00:17:20: Aber dann war das Thema da und dann war es nicht mehr aufzuhalten.

00:17:24: Ob das jetzt falsch war, ob das Thema zu viel Aufmerksamkeit bekommen hat oder nicht, ist nichts, was man wissenschaftlich beantworten kann.

00:17:31: Das ist einfach eine subjektive Frage.

00:17:33: Für die einen ist es wichtig, das auf die Agenda zu bringen, aus den genannten Gründen.

00:17:37: Für die anderen

00:17:38: sieht es vielleicht so aus, dass es der AfD sogar noch nützt, wenn man das Thema auf die Agenda bringt.

00:17:43: Das ist eine Ansichtssache, glaube ich.

00:17:45: Und das ist, glaube ich, eine Frage, die sich schwer wissenschaftlich beantworten lässt, ob das richtig oder falsch war.

00:17:49: Aber es ist schon richtig, das Thema war natürlich sehr dominant im Wahlkampf.

00:17:53: Sie haben auch nonverbale Kommunikationen in den Medien untersucht.

00:17:59: Wie kann ich mir eine Analyse in diesem Feld vorstellen?

00:18:01: Also welche Methoden sind hier besonders wichtig, wenn Sie innerhalb der Medien versuchen, sowas zu analysieren?

00:18:07: Also nonverbale Kommunikation zu analysieren, ist schwierig, weil sie sich ja ständig verändert.

00:18:12: Und wir haben auch damals lange überlegt, wie kriegen wir das eigentlich hin, wie können wir das machen.

00:18:16: Und wir haben halt ein Instrument entwickelt, mit dem wir tatsächlich auf Sekundenebene bestimmte Elemente von Gestik und Mimik kodieren.

00:18:22: Das war eben auch nötig in dieser Studie, weil wir ja auch die Reaktionen des Publikums auf Sekundenebene kodiert haben.

00:18:30: Also wir können für jede Sekunde gucken, wie sich die Urteile über die Kandidaten in diesen Duellen verändert haben.

00:18:36: Und dann brauchen wir auch die unabhängige Variable in unserer Sprache, also die nonverbale Kommunikation auf Sekundenebene, um gucken zu können, wie unmittelbar darauf

00:18:43: reagiert wird.

00:18:45: Dann haben wir ein sogenanntes Codebuch entwickelt.

00:18:47: Das kennen wir aus dem Bereich der Analyse von verbaler Kommunikation, wo wir einfach, kann man sich so ähnlich vorstellen wie ein Fragebogen,

00:18:53: das kennen wir aus der Befragung.

00:18:55: Und in der Inhaltsanalyse ist es einfach so, dass das Codebuch so ein bisschen aussieht wie ein Fragebogen.

00:19:00: Wir versuchen objektiv bestimmte Fragen an den Text zu stellen.

00:19:05: Welche Themen sind da jetzt gerade dominant?

00:19:08: Welche Personen kommen da vor?

00:19:10: Welche Bewertungen sind da drin? Und so weiter.

00:19:11: Und das Gleiche kann man eben auch für nonverbale Kommunikation versuchen.

00:19:15: Also man kann sich für jede Sekunde vornehmen, wird da jetzt gerade gelächelt?

00:19:20: Ist da jetzt gerade irgendeine Gestik zu sehen?

00:19:22: Wenn ja, welche?

00:19:23: Und dann können wir natürlich sowas wie andere Aspekte nonverbaler Kommunikation, wie Stimmfrequenz und so etwas, können wir natürlich auch automatisiert messen.

00:19:31: Das ist ganz simpel.

00:19:33: Sprechgeschwindigkeit lässt sich automatisiert messen.

00:19:36: Also es eine Mischung aus einer automatisierten Messung von bestimmten Aspekten und einer von Menschen vorgenommenen Messung nach sehr klaren Regeln, so dass wir praktisch objektiv

00:19:50: messen können, was da zu sehen ist.

00:19:52: Gehen wir da weiter zu Inhalten.

00:19:54: Sie haben vorhin schon erwähnt, dass Sie diese Studie durchgeführt haben zur Berichterstattung der Öffentlich-Rechtlichen und wie mehr oder wenig ausgewogen dort

00:20:04: berichtet wird.

00:20:04: Welche Ergebnisse haben Sie denn da gefunden?

00:20:07: Naja, es ist sehr vielfältig und immer ein bisschen schwer, das so darzustellen in der Kürze.

00:20:12: Also wir haben unterschiedliche Aspekte, sagen wir mal, von Vielfalt betrachtet.

00:20:16: Wir haben einerseits die Themenvielfalt betrachtet, also werden da unterschiedliche Themen in den Nachrichten angesprochen.

00:20:23: Und wie unterscheidet sich das zu den Privatsendern?

00:20:25: Wir haben uns Akteure angeguckt, also kommen bestimmte Personen oder auch Parteien davor häufiger.

00:20:31: Und das vielfältig, also kommen unterschiedliche Personen vor oder kommen immer dieselben vor.

00:20:36: Und dann haben wir uns mit Perspektivenvielfalt beschäftigt, der sozusagen Meinungsvielfalt, der Vielfalt der Meinungen, die transportiert werden in diesen Sendungen.

00:20:45: Und da geht es uns vor allem um die Frage, gibt es da irgendeinen Bias in die eine oder andere Richtung?

00:20:50: Also ist der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk jetzt eher politisch links, was ihm häufig vorgeworfen wird, oder ist er eher konservativ?

00:20:58: Und die Ergebnisse sind natürlich sehr unterschiedlich.

00:20:59: Wir finden eigentlich für Themenvielfalt und Akteursvielfalt sowohl in den Öffentlich-Rechtlichen als auch in den Privaten-Sendern einen relativ hohen Wert.

00:21:05: Also die sind schon vielfältig.

00:21:07: Da kommen nicht immer dieselben Personen und Parteien vor.

00:21:11: Was man kennt aus der Vergangenheit, aus früheren Studien, natürlich, dass Regierungsparteien, Politikerinnen und Politiker aus den Regierungsparteien häufiger vorkommen als Menschen

00:21:20: aus den Oppositionsparteien.

00:21:22: Das kann man als Problem betrachten oder auch nicht.

00:21:25: Das führt vielleicht ein bisschen zu weit.

00:21:27: Der zentrale Befund ist eigentlich, dass wir schon sehen, dass es so ein bisschen ein leichtes Übergewicht von linken Positionen gibt im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk, aber

00:21:35: auch im gesamten Mediensystem in Deutschland.

00:21:37: Also konservative und das, was wir so marktliberale Positionen nennen, also dass man praktisch dafür eintritt, für den Leistungsgedanken und dafür, dass jeder ein bisschen für

00:21:49: sich selbstverantwortlich ist, das kommt deutlich seltener vor als Sozialstaatsorientierung, also dass man dafür eintritt

00:21:57: ärmere Menschen zu unterstützen und für einen sozialen Ausgleich zu sorgen.

00:22:01: Also man könnte schon sagen, es gibt so ein bisschen eine leichte Linkstendenz im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk, die aber nicht größer ist als im Privatrundfunk.

00:22:09: Da muss man halt überlegen, ob man das gut findet oder ob man irgendwie vom Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk erwartet, ein bisschen weiter in die Mitte zu rücken, denn

00:22:17: natürlich auch Menschen, die konservativ denken, zahlen Rundfunkgebühren und möchten da vielleicht ihren Standpunkt gelegentlich mal etwas öfter in den Medien sehen und hören.

00:22:27: Und die nehmen auch einen entsprechend großen Anteil ein, wie wir bei Wahlen sehen.

00:22:32: Das kommt natürlich noch dazu.

00:22:33: Wir sehen natürlich, dass die Positionen in der Bevölkerung vielleicht gleich verteilt sind oder vielleicht sogar eher in die konservative Richtung gehen.

00:22:44: Auch das muss vielleicht ein Anlass sein, bisschen mehr das, was die Menschen da denken, abzubilden.

00:22:49: Aber das ist gar nicht unsere Idee.

00:22:51: Meine Idee ist bei Forschung eigentlich nie, irgendjemandem zu sagen, was er dann daraus machen muss oder was er tun muss.

00:22:58: Das kann man dann intern besprechen.

00:23:00: Mir sind erst mal wichtig, diese Ergebnisse zu liefern, weil natürlich viele Menschen den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk noch viel weiter links sehen, als wir ihn jetzt gefunden

00:23:09: haben.

00:23:09: Also der Vorwurf ist ja, besonders der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk viel mehr als alle anderen ausschließlich linke Positionen vertritt.

00:23:18: Und das ist natürlich nicht so.

00:23:20: Und deswegen muss man das immer in zwei Richtungen sehen.

00:23:22: Auf der einen Seite

00:23:23: kann man natürlich solche Vorurteile und solche Vorwürfe damit auch entkräften.

00:23:27: Und auf der anderen Seite kann man aber auch unter Umständen, wenn die Sender dafür offen sind, den Sender einen Anlass liefern, vielleicht auch nochmal darüber nachzudenken, ob

00:23:34: man nicht doch das eine oder andere korrigieren muss.

00:23:37: Und deswegen finde ich das immer wichtig, mich mit solchen Fragen zu beschäftigen, die irgendwie in der öffentlichen Diskussion sind, um einfach auch die öffentliche Diskussion

00:23:45: über solche Themen ein bisschen zu versachlichen und Fakten und Evidenzen zu liefern, die einem helfen, nicht spekulieren zu müssen,

00:23:53: und auch irgendwelche extremen Positionen entgegenzutreten.

00:23:56: Ich meine, ist Ihr Befund ja auch von großem Wert, wenn Sie feststellen, dass im privaten Journalismus, sage ich jetzt mal, dass da eigentlich ähnlich ausgewogen berichtet wird wie

00:24:07: in den Öffentlich-Rechtlichen, dann deckt sich das ja eigentlich, oder?

00:24:10: Ja, es ist natürlich schon so, dass die Öffentlich-Rechtlichen ja eigentlich den Anspruch haben, qualitativ höherwertiger zu sein.

00:24:16: Von denen erwartet man eigentlich mehr Ausgewogenheit und mehr Vielfalt. Eben vor dem Hintergrund, dass es natürlich nicht nur viele konservative Menschen gibt in Deutschland, sondern die

00:24:26: natürlich auch Rundfunkgebühren zahlen, und noch mehr eigentlich deshalb dazu angehalten wären, dass ihre Position da oder noch mehr das Recht darauf haben, darauf zu pochen,

00:24:36: sagen wir mal so rum, dass ihre Position

00:24:39: da auch noch sichtbarer sind oder ähnlich sichtbar sind wie andere Positionen.

00:24:43: Auch wegen dem Rundfunkstaatsvertrag natürlich.

00:24:49: Der Medienstaatsvertrag ist das zentrale Regelwerk für die Medienordnung in Deutschland.

00:24:54: Er löste 2020 den Rundfunkstaatsvertrag ab und wurde von allen 16 Bundesländern gemeinsam beschlossen.

00:25:03: Ziel des neuen Staatsvertrags ist es, die Medienlandschaft an das digitale Zeitalter anzupassen, also nicht nur Fernsehen und Radio, sondern auch Online-Angebote,

00:25:13: Streamingdienste und Plattformen wie YouTube oder Facebook zu regulieren.

00:25:18: Der Vertrag legt fest, was als Rundfunk gilt, wie der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk organisiert ist und wie Vielfalt und Meinungsfreiheit gewährleistet werden sollen.

00:25:30: Auch große Plattformen müssen zum Beispiel offenlegen, wie sie Inhalte sortieren oder warum bestimmte Beiträge vorgeschlagen werden.

00:25:38: Damit fördert der Medienstaatsvertrag Transparenz, faire Wettbewerbsbedingungen und demokratische Meinungsbildung im digitalen Raum.

00:25:48: Insgesamt sorgt er also dafür, dass sich das deutsche Mediensystem trotz technologischer Veränderungen am Gemeinwohl orientiert und demokratische Grundwerte schützt.

00:26:00: Aber ich würde zum Abschluss nochmal auf unser zentrales Thema zurückkommen.

00:26:05: Wir haben ja vorhin schon über die Vielzahl an Vorträgen gesprochen, die Sie bisher gehalten haben.

00:26:09: Und nach all dem Fachwissen, das wir jetzt von Ihnen erhalten haben, von dem Sie uns erzählt haben, würden Sie sagen, dass Ihnen persönlich die Kommunikation Ihrer eigenen

00:26:19: Inhalte und Ergebnisse auch gelingt?

00:26:22: Also sowohl in der Wissenschaft als auch wenn Sie außerhalb darüber berichten?

00:26:27: Das können vielleicht die Hörer jetzt gleich hier beurteilen, ob mir das gerade gelungen ist.

00:26:30: Mal sehen, wie das Urteil ausfällt.

00:26:32: Nein, also ich kann nur sagen, ich gebe mir Mühe.

00:26:34: Ich habe vorhin schon gesagt, ich finde das sehr wichtig.

00:26:36: Also ich finde es wichtig, in einer Zeit, in der jeder Zugang zur Öffentlichkeit hat und jeder im Grunde behaupten kann, was er möchte, und damit auch vielleicht ein mittelgroßes

00:26:45: Publikum zumindest erreichen kann, sind natürlich viele Falschbehauptungen in der Welt.

00:26:50: Und ich glaube, dass wir als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler natürlich in der Regel vielleicht doch

00:26:57: mehr dazu beitragen können als andere, diese Falschbehauptung aus der Welt zu kriegen.

00:27:01: Wir sind vielleicht ungefähr die Letzten zusammen hoffentlich noch mit Journalistinnen und Journalisten, die ein echtes Interesse daran haben, Leute objektiv zu informieren und halt

00:27:09: nicht Kommunikation betreiben, um Leute auf irgendeine Seite zu ziehen, weil wir kein Interesse daran haben, Meinungen zu bilden.

00:27:17: Also ich jedenfalls nicht.

00:27:17: Ich möchte die Leute informieren.

00:27:19: Und deswegen versuche ich mir Mühe zu geben, das zu tun.

00:27:24: In Vorträgen natürlich, man muss realistischerweise natürlich sagen, dass diese Vorträge jetzt auch nur ein sehr kleines Publikum erreichen und ein sehr ohnehin schon

00:27:32: interessiertes Publikum erreichen.

00:27:34: Deswegen glaube ich, versuche ich auch, so gut das geht, mal in den Medien vorzukommen, ohne dass ich das unbedingt will.

00:27:40: Also ich würde jetzt nicht wollen, dass ich mich da aktiv drum bemühe.

00:27:44: Wenn mich jemand fragt, dann gebe ich gerne mal ein Interview und erzähle da was über meine Forschung und freue mich auch, wenn über meine Forschung berichtet wird,

00:27:52: weil sie eben halt hoffentlich zu einer Versachlichung der Debatte beiträgt,

00:27:56: meine Forschung oder auch die Forschung anderer Leute, über die ich dann sprechen kann.

00:28:00: Und ich finde das schon wichtig und ob mir das gelingt, weiß ich nicht.

00:28:03: Aber man muss es irgendwie weiter versuchen.

00:28:06: Sonst werden andere sozusagen Herr über diese Debatte und die vielleicht eben andere Interessen haben und nicht das Interesse haben, wirklich zu informieren.

00:28:14: Die dann erzählen, dass man die Beine nicht übereinanderschlagen soll.

00:28:18: Das kommt noch dazu.

00:28:19: Das vielleicht, aber auch Leute natürlich, die ja noch andere Interessen haben,

00:28:24: also einfach politische Interessen beispielsweise. Und wir leben in einem Zeitalter, in dem es ganz viel Desinformationen gibt und falsche Vorstellungen, aber auch in der Politik, dann

00:28:32: ist das gar nicht Absicht.

00:28:33: Es gibt so ein paar, soll ich sagen, gibt so ein paar Mythen, die sich einfach mittlerweile auch bei politischen Entscheidungsträgern sozusagen eingenistet haben.

00:28:42: Und auch da muss man manchmal dagegen argumentieren.

00:28:44: Also was weiß ich.

00:28:45: Die Übermacht Sozialer Medien ist so ein Thema, über das ich gern spreche.

00:28:49: Zu glauben, dass Soziale Medien Wahlen entscheiden, als ob die jungen Menschen da zu Millionen irgendwie AfD-Spots sich ansehen und dann losrennen und ihr Kreuzchen bei der

00:29:00: AfD machen.

00:29:01: Das ist so natürlich nicht.

00:29:02: Es nutzt fast kaum irgendjemand Soziale Medien für politische Kommunikation.

00:29:06: Das spielt für die meisten Menschen gar keine Rolle.

00:29:08: Die machen alles Mögliche in Sozialen Medien, junge Menschen, aber nicht politische Kommunikation.

00:29:13: Oder etwas anderes ist die Fragmentierung der Gesellschaft.

00:29:16: Dass wir alle nur noch da sitzen und bestimmte einseitige Informationen nutzen, in unseren Echo-Kammern sitzen und Filterblasen.

00:29:22: Für all das gibt es kaum wissenschaftliche Belege, dass das wirklich so ist.

00:29:26: Und da muss man halt manchmal einfach auch dagegen argumentieren,

00:29:30: in der Öffentlichkeit, aber auch bei Entscheidungsträgern, auch in der Politik.

00:29:33: Man muss denen sagen, Leute, passt auf, so ist das gar nicht.

00:29:35: Und das verselbstständigt sich jetzt gerade.

00:29:37: Und in Wirklichkeit finden wir dafür gar keine Belege.

00:29:40: Und das ist, glaube ich, schon auch

00:29:42: eine wichtige Rolle, die man als Wissenschaftler hat.

00:29:43: Absolut.

00:29:44: Sie haben jetzt gerade schon auf Versachlichung der Debatte gesagt, was ja auch mit der wichtigste Inhalt der Wissenschaft ist, sachlich und faktenbasiert zu argumentieren.

00:29:54: Man muss ja immer unterscheiden zwischen, wie viele Emotionen haben wir jetzt dabei und wie viel Leben, sage ich mal, steckt in dem, worüber wir sprechen und wie viel

00:30:02: Sachlichkeit wollen wir jetzt noch dabei haben.

00:30:04: Es wird ja auch WissenschaftlerInnen oder auch PolitikerInnen so viel vorgeworfen, dass sie zu sachlich sind und nicht emotional genug an die Sache rangehen.

00:30:12: Wie würden Sie das beurteilen?

00:30:14: Ja meine Güte, das muss ja kein Gegensatz sein.

00:30:16: Also sachlich heißt für mich jetzt erstmal nur, Informationen zu liefern.

00:30:21: Wie die dann vorgetragen werden, ist ja noch was anderes.

00:30:23: Man kann natürlich auch richtige Fakten auf eine emotionale Weise verpacken.

00:30:26: Das schließt sich ja nicht aus.

00:30:28: Und man sieht natürlich schon, dass Emotionen auch in der Politik wichtig sind.

00:30:32: Das hat schon einen starken Einfluss auch auf die Verarbeitung von politischen Informationen.

00:30:37: Auch so ein Befund übrigens nochmal, wenn man nochmal anknüpfen kann an unsere früheren Studien, die ich vorhin vergessen habe.

00:30:41: Wir haben natürlich auch geguckt, wie emotional oder sachlich

00:30:44: wird etwas vorgetragen und da kann Emotionalität schon dazu führen, dass die Urteilsbildung sich über eine Person verbessert, wenn sie jetzt eben nicht einfach nur

00:30:51: langweilig Fakten runterleiert.

00:30:53: Aber trotzdem sind ja Fakten erstmal eine wichtige Grundlage, die ich dann halt emotional verpacken kann.

00:30:58: Also auch da würde ich diesen Gegensatz gar nicht aufmachen wollen, sondern das eine ist der Inhalt der Kommunikation und das andere ist die Form und das kann sich wunderbar

00:31:06: ergänzen.

00:31:07: Professor Maurer, vielen Dank für Ihre spannenden Antworten und Ihre wertvolle Zeit.

00:31:12: Ja natürlich, Dank auch Ihnen für die Einladung.

00:31:14: Habe ich sehr gern gemacht, hat Spaß gemacht.

00:31:17: Das war mein Gespräch mit Professor Marcus Maurer.

00:31:21: Zwischenmenschliche und politische Kommunikation ist ein solch omnipräsentes Thema, dass ich mir persönlich häufig keine Gedanken dazu mache.

00:31:30: Besonders einprägsam war deswegen für mich, dass wir die Wirkung unserer nonverbalen Kommunikation deutlich weniger beeinflussen können, als viele Menschen annehmen.

00:31:40: Gleichzeitig können aber schon kleinste Einzelheiten der Körpersprache von Politikerinnen und Politikern die öffentliche Meinung beeinflussen.

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.